Spitex Jahresbericht 2024
Interessenvertretung

Bedeutende Gesundheitspolitik

Patrick Imhof
Leiter Politik

Das politische Spitex-Jahr 2024 war geprägt von zwei Volksabstimmungen und mehreren Vorhaben, die eine umfassende Versorgung zu Hause ermöglichen sollen – zum Wohle der Menschen und zur Entlastung stationärer Einrichtungen.

Ja zur einheitlichen Finanzierung
Im Dezember 2023 hat das nationale Parlament beschlossen, dass alle Leistungen im Gesundheitswesen nach demselben Verteilschlüssel finanziert werden sollen, unabhängig davon, ob sie ambulant, stationär oder im Pflegeheim erbracht werden. Gegen diese Vorlage haben Gewerkschaftskreise das Referendum ergriffen. Im November 2024 bestätigte das Schweizer Stimmvolk den Willen für diese Reform mit etwas über 53 Prozent Zustimmung. Ab 1. Januar 2028 werden alle ambulanten und stationären Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) von Versicherern (rund ¾) und Kantonen (rund ¼) gleichermassen finanziert. Ab 2032 auch im Bereich der Pflege zu Hause und im Pflegeheim. 

In einer breiten Allianz von Akteuren unterstützte Spitex Schweiz seit 2019 die Einführung der einheitlichen Finanzierung und setzte sich im Abstimmungskampf aktiv dafür ein. Die ersten Folgearbeiten sind im Gange. Die Umsetzung wird sämtliche Beteiligten in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen. 

Nein zur Kostenbremse-Initiative
Die Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)» verlangte die Einführung einer Kostenbremse in der OKP: Die Kostenentwicklung sollte mit einer Koppelung an die Wirtschafts- und Lohnentwicklung gedämpft werden. Bundesrat und Parlament lehnten die Initiative ab, erarbeiteten jedoch einen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe.

Im Juni 2024 lehnten Volk und Stände die Kostenbremse-Initiative mit 62.77 Prozent ab. Damit tritt der indirekte Gegenvorschlag in Kraft. Dieser verlangt vom Bundesrat, Kostenziele für jeweils vier Jahre festzulegen. Die Umsetzungsverordnung ist in Erarbeitung. 

Spitex Schweiz engagierte sich im Abstimmungskampf gemeinsam mit zahlreichen Verbänden und Organisationen, gegen die in der Initiative verlangte, strikte Deckelung.

Umsetzung der Pflegeinitiative
Die Umsetzung der 2021 durch Volk und Stände angenommene Pflegeinitiative wurde durch den Bundesrat in zwei Etappen geplant: Die Etappe 1 umfasst im Wesentlichen eine Ausbildungsoffensive und die direkte Abrechnung von Leistungen durch die Pflege. Und die Etappe 2 umfasst Regelungen zu den Arbeitsbedingungen und zur Förderung der beruflichen Entwicklung. 

Mitte 2024 traten die Verordnungen zur 1. Etappe in Kraft. Die Umsetzung einiger Bestimmungen erwiesen sich als Herausforderung. So wird beispielsweise die Etablierung der Prozesse für die direkte Abrechnung von Pflegeleistungen in den Bereichen «Abklärung, Beratung, Koordination (KLV-A) und der Grundpflege (KLV-C)» noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Zur 2. Etappe führte der Bundesrat 2024 eine Vernehmlassung durch – zum vorgeschlagenen Bundesgesetz über die Arbeitsbedingungen in der Pflege (BGAP) wie auch zum Vorentwurf zur Revision des Gesundheitsberufegesetzes. Spitex Schweiz hat in der Stellungnahme die grossen Herausforderungen zur Sicherstellung einer flächendeckenden pflegerischen Grundversorgung anerkennt und grundsätzlich Massnahmen zur Stärkung der Pflege unterstützt. Gleichzeitig kritisierte Spitex Schweiz, dass das geplante BGAP dem Bundesrat weitreichende Kompetenzen verleiht, um nationale Regelungen vorzuschreiben, die in die betriebliche Autonomie der Pflegeleistungserbringer eingreifen. Damit müssten bestehende, regional abgestimmte und oft vorteilhafte Regelungen zugunsten einheitlicher, aber unflexibler Vorgaben aufgegeben werden. Spitex Schweiz fordert, dass die entstehenden Mehrkosten durch eine angemessene Finanzierung (z. B. über KLV-Beiträge und kantonale Restfinanzierung) zwingend abgefedert werden müssten. Gleichzeitig dürften die Massnahmen kurzfristig nicht zu einer erheblichen Reduktion der Arbeitskapazität führen – was den Fachkräftemangel befeuern und zu einer Verschlechterung der Versorgungssicherheit führen würde. Spitex Schweiz plädierte gleichzeitig für mehr Flexibilität, um den individuellen Bedürfnissen der Betriebe und Mitarbeitenden gerecht zu werden.

Bessere Finanzierung Palliative Care              
2021 überwies das Parlament dem Bundesrat eine Motion für eine angemessene Finanzierung der Palliative Care. Damit wurde der Bundesrat beauftragt, «die notwendigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit eine bedarfsgerechte Behandlung und Betreuung aller Menschen am Lebensende schweizweit gewährleistet ist, unter Berücksichtigung der allgemeinen und spezialisierten Angebote der Palliative Care in allen Versorgungsbereichen, ambulant, stationär sowie an Schnittstellen. » Das BAG hat in der Folge dazu zwei Arbeitsgruppen gegründet, welche die Erarbeitung von zwei separaten Berichten begleiteten. Spitex Schweiz war in beiden Gruppen vertreten. Es ist unklar, welche Schlüsse der Bundesrat auf Basis dieser externen Berichte fällen wird (voraussichtlich bis Juni 2025). Um die Dringlichkeit für eine bessere Finanzierung zu unterstreichen, wurde deshalb auch eine zusätzliche parlamentarische Initiative im Nationalrat vom September 2024 unterstützt. 

Autonomie und Wohnen Zuhause fördern
Der Bundesrat hat erkannt, dass mit der Finanzierung von Betreuungsleistungen im Bereich der Ergänzungsleistungen (EL) das Wohnen zu Hause gefördert und frühzeitige Heimeintritte hinausgeschoben oder verhindert werden können. Dazu hat er dem Parlament eine Revision des entsprechenden ELG vorgelegt. Der Nationalrat ist in der Dezembersession den Vorschlägen des Bundesrates weitgehend gefolgt. 

Spitex Schweiz begrüsst gemeinsam mit zahlreichen Organisationen und Verbänden die Vorlage, hätte sich jedoch eine noch mutigere Umsetzung bei den Leistungskategorien oder zur psychosozialen Bedeutung der Betreuung erhofft. Dennoch: Der Vorschlag des Bundesrates bringt Verbesserungen. 

Weitere Aktivitäten                                                                       

  • Stellungnahme zur Revision des Epidemiengesetzes
  • Stellungnahme zur Revision des Zivildienstgesetzes
  • Stellungnahme zur Teilrevision der Verordnung des WBF über den nachträglichen Erwerb des Fachhochschultitels
  • Stellungnahme zur 2. Etappe zur Umsetzung der Volksinitiative «Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative)». Bundesgesetz über die Arbeitsbedingungen in der Pflege und Änderung des Gesundheitsberufegesetzes (rechtliche Regelung APN)
  • Stellungnahme zur Änderung des Berufsbildungsgesetzes und der Berufsbildungsverordnung
  • Begleitung wichtiger politischer Vorstösse im nationalen Parlament (so beispielsweise zur Anstellung pflegender Angehöriger oder zu den Kompetenzerweiterungen von Pflegehelfenden)